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Die ganze Maschine glänzt. Bernd Tafel hat sein NSU-Motorrad auf Hochglanz poliert. Das Gefährt soll ein Hingucker sein. Aber es soll auch mit Leistung überzeugen. "Läuft", sagt der Mann als Bockel in der Nähe von Bremen über das Krad, das NSU 1911 mit dem Zusatz 2,5 HP auf den Markt brachte. "2,5 Horsepower. Pferdestärke hat damals noch niemand gesagt", erklärt Bernd Tafel, der eine echte Rarität zur 15. Auflage der Curbici Veterano nach Zörbig gebracht hat. "Es gibt wahrscheinlich keine fünf Stück mehr davon."
Tafels Motorrad war ein Blickfang der Traditionsveranstaltung für Oldtimerfreunde. Das älteste Gefährt war es allerdings nicht. Das steuert noch immer der Zörbiger Heinz Zschoche. Sein Rex Simplex wurde 1902 in der Deutschen Automobil Industrie Friedrich Hering in Ronneburg gebaut. "Klar läuft der. Warum nicht?" Zschoche vertraut auf seinen Wagen und parkt ihn solide ein. Geparkt hat auch Kurt Lausch. "Der Oldie bin ich, nicht das Auto", scherzt der Mann, der seit Jahren die Fahnen mit hoch hält in der Organisationsgemeinschaft der Curbici Veterano. Er trägt wie seine Mitstreiter das blaue Shirt mit dem gelben Abbild des Schlossturms als Logo.
Die Hausherren in Blau haben viel zu tun. 135 Motorräder, Autos und Lastkraftwagen sind gemeldet. Sie müssen klassifiziert und mit Startnummern versehen werden. Nummer 3 ist Bernd Meyer. Der Mann aus Gnetsch ist bekennender Frühstarter. "Weil ich die ganzen Anmeldeformalitäten schnell vom Tisch haben möchte", erklärt er und versieht seine Zündapp mit dem entsprechenden Rallye-Nummernschild. Die Kneifzange hat er nicht zufällig dabei. "Ich weiß, wie das läuft, was es hier für Befestigungen gibt. Die schneide ich zurecht." Meyer will nichts dem Zufall überlassen und schon gar nicht behindert werden, wenn er am Lenker seines Motorrades agieren muss. Blinker setzen, sicher lenken: Die Befestigung des Nummernschildes muss perfekt sein wie die Zündapp aus dem Jahr 1956.
Bernd Meyer ist Einzelkämpfer auf dem Krad, hat unter Oldtimerliebhabern aber jede Menge Freunde. "Wir treffen uns doch regelmäßig", erzählt der Gnetscher und berichtet von Fachsimpelei und jeder Menge Benzin im Blut. Positiv verrückt müsse sein, wer dem Oldtimerhobby fröne. Im Mittelpunkt des Interesses finden sich Meyer und Mitstreiter immer wieder. Ihre Gefährte sind alles andere als Durchschnitt, sind Geschichte und bieten Stoff für Geschichten. "Mich begeistert das einfach. Deshalb schaue ich mir das immer wieder gern an", erklärt Ralf Zeisig. Der Köthener ist neugierig und kann gehörig staunen über die alten Fahrzeuge. Eines davon besticht durch Form und Namen. "Kraftdroschke" steht in fetten Lettern am tiefschwarzen Hanomag. Vom Kommissbrot als Taxi wurden gerade einmal 50 Stück gebaut. Dietmar Weckmüller aus Hamburg steuert eines. Ein Zylinder, zehn PS, Baujahr 1928. Rechtslenkung, Taxometer, Platz für einen Passagier im Auto, für einen Koffer auf dem Dach: Der kugelrunde Hanomag läuft in der Stadt und auf flachem Land. Weckmüller rollt mit bei der großen Ausfahrt nach Zschornewitz und am Sonntag bei der Tour mit Wertungsprüfungen durch die Zörbiger Ortschaften. Gewinnen? Das zählt weniger. Spaß soll Curbici Veterano bringen.
Tour in die Geschichte
HALLE (SAALE)/MZ. Gut 60 Kilometer nahmen die meisten der Motorräder, Autos und Lastkraftwagen am Sonnabend zur großen Ausfahrt unter die Räder. Die Tour führte die Oldtimerfreunde an einen besonderen Ort. Im Zschornewitzer Industriedenkmal machten sie mit ihren Gefährten dort Halt, wo 1915 mit dem Bau des Kraftwerkes begonnen worden war, das ein Jahr später bereits als größtes Braunkohlenkraftwerk der Welt galt.
Zusammen mit der eigens angelegten Werkssiedlung Kolonie prägten die großen Kraftwerksschornsteine das Ortsbild von Zschornewitz. Die letzten Schlote fielen am 4. April dieses Jahres. Die beiden Schornsteine des Gasturbinenkraftwerks waren 100 Meter hoch.
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung Anhalt-Bitterfeld, Ausgabe 09.07.2012, ZÖRBIG/MZ
135 Autos, Motorräder und Lastwagen gab es auf dem Zörbiger Schlossplatz am Sonnabend zu bestaunen.
© ANDRÉ KEHRER (MZ)